PEIN
Ablauf
Die Protagonistinnen des Gottesdienstes stehen am Eingang und begrüßen die Kirchenbesucher mit einer Geste. Während die Gemeinde das erste Lied singt, sieht man hin und wieder die Künstlerin durch und über das Relief, das den Kirchenraum vom Chorraum trennt, blicken.
Die Liturgin begrüßt die Gemeinde und bittet sie „Da Pacem Domine“ singend der Schola den Chorstuhl zu folgen. Oberhalb der Treppen ziehen alle ihre Schuhe aus. Der gestufte Raum ist mit Decken, Fellen, Teppichen und Kissen belegt. Die Gäste nehmen dort Platz. Psalm, Gebetsruf und Schriftlesung hält die Lit urgin stehend, die Gemeinde darf sitzen bleiben. Dazu spielt der unsichtbare Gitarrist von der Galerie und aus dem Kirchenraum.
Zur Predigt werden die Gäste noch einmal aufgefordert, es sich bequem zu machen und sich so nahe wie möglich um den Ohrensessel der Predigerin zu scharen. Zu ihren Füßen liegt als Fellknäuel zusammengerollt die Performerin. Sie ist (einschließlich Gesicht) mit einem durchgehenden Fellanzug bekleidet. Sie dient der Predigerin als Fußwärmer und wird manchmal beiläufig von ihr gestreichelt. Während der Predigt beginnt sie sehr langsam sich von der Predigerin weg zu bewegen. Sie schiebt sich zwischen die sitzenden Gemeindemitglieder, lehnt und kuschelt sich an.
An Stelle eines Friedenszeichens entsteht eine gigantische Kissenschlacht.
Beim geflüsterten Glaubensbekenntnis entledigt sich die Künstlerin ihres Fellanzuges, hockt und kauert still zwischen den Gästen. Nach dem Vaterunser verschwindet sie über den Lettner in den Kirchenraum.
Bei der Abkündigung werden die BesucherInnen aufgefordert, noch eine Weile zu sitzen und einen heißen Tee aus dem Samovar zu trinken und miteinander zu reden. Die Liturgin gibt zusammen mit einem Fellchen ihren Segen den Tee-trinkenden Gästen. Die zurückgekehrte Künstlerin mischt sich unter die Gäste.
Konzept
Um Scham zu überwinden, braucht der Mensch ein Vertrauensverhältnis zu seinem Gegenüber. Aber Nähe kann auch Konflikte generieren. In intimen Situationen ist Raum für Gefühle. Eine persönliche, berührende Annäherung kann peinliche Gefühle evozieren; sie bewirkt aber auch direkten Austausch von zwischenmenschlicher Energien.
Der Platzwechsel in der Kirche kommt einem Perspektivenwechsel gleich. Wir verlassen den kastenförmigen, unpersönlichen Kirchenraum und begeben uns gemeinsam auf die Empore der „Insider“, des Chors und der Michaelsbrüder.
In diesem Gottesdienst versuchen wir Nähe und Vertrauen herzustellen, um uns unserer eigenen Scham zu öffnen.
Tiere können unbekleidet sein, weil sie ein Fell haben, das sie vor den Augen der anderen schützt. Sie sind nicht nackt. Der prähistorische Mensch bedeckte seine Nacktheit aus Scham. Auch Adam und Eva erkannten erst, dass sie nackt waren, als sie sich schuldig machten. Ein dickes Fell schützt uns vor Angriffen, eine dicke Haut lässt und unbeschadet Verletzungen ertragen. Äußerlich zumindest. Dennoch entfernt uns diese Schutzfunktion vom anderen. Sie steht zwischen uns und dem anderen. Wir schaffen sie uns an um nicht berührt zu werden.
Freunden, Partner, Menschen, die wir besser kennen, vertrauen wir uns an. Sie können auch den beschämten Menschen in seinem Kern berühren, „streicheln“, anstatt sie bloß zu stellen.
Nähe birgt aber auch Konfliktpotential. Können wir den Frieden durch das Austragen eines Konfliktes besser wiederherstellen? (Kissenschlacht)
November 2013, liturgy specific art, Universitätskirche Marburg,
Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart
Equipment: Fellreste, Decken, Teppiche, Kissen, Felle, Wärmflaschen,
ein Ohrensessel, ein Fellkostüm, hautfarbener Ganzkörperanzug, Kerzen, rituelle Gewänder, Samovar, Tee...
Mitwirkende: Katharina Scholl (Liturgie und Predigt), Dr. René Thun (Gitarre), Orgel und Schola (Gerold Vorrath)
Dauer: 90 Min.
Fotos: Max Ploem
Film: Anja Marx, Markus Kügle
http://www.youtube.com/watch?v=hC-lOL97Ros
Die Protagonistinnen des Gottesdienstes stehen am Eingang und begrüßen die Kirchenbesucher mit einer Geste. Während die Gemeinde das erste Lied singt, sieht man hin und wieder die Künstlerin durch und über das Relief, das den Kirchenraum vom Chorraum trennt, blicken.
Die Liturgin begrüßt die Gemeinde und bittet sie „Da Pacem Domine“ singend der Schola den Chorstuhl zu folgen. Oberhalb der Treppen ziehen alle ihre Schuhe aus. Der gestufte Raum ist mit Decken, Fellen, Teppichen und Kissen belegt. Die Gäste nehmen dort Platz. Psalm, Gebetsruf und Schriftlesung hält die Lit urgin stehend, die Gemeinde darf sitzen bleiben. Dazu spielt der unsichtbare Gitarrist von der Galerie und aus dem Kirchenraum.
Zur Predigt werden die Gäste noch einmal aufgefordert, es sich bequem zu machen und sich so nahe wie möglich um den Ohrensessel der Predigerin zu scharen. Zu ihren Füßen liegt als Fellknäuel zusammengerollt die Performerin. Sie ist (einschließlich Gesicht) mit einem durchgehenden Fellanzug bekleidet. Sie dient der Predigerin als Fußwärmer und wird manchmal beiläufig von ihr gestreichelt. Während der Predigt beginnt sie sehr langsam sich von der Predigerin weg zu bewegen. Sie schiebt sich zwischen die sitzenden Gemeindemitglieder, lehnt und kuschelt sich an.
An Stelle eines Friedenszeichens entsteht eine gigantische Kissenschlacht.
Beim geflüsterten Glaubensbekenntnis entledigt sich die Künstlerin ihres Fellanzuges, hockt und kauert still zwischen den Gästen. Nach dem Vaterunser verschwindet sie über den Lettner in den Kirchenraum.
Bei der Abkündigung werden die BesucherInnen aufgefordert, noch eine Weile zu sitzen und einen heißen Tee aus dem Samovar zu trinken und miteinander zu reden. Die Liturgin gibt zusammen mit einem Fellchen ihren Segen den Tee-trinkenden Gästen. Die zurückgekehrte Künstlerin mischt sich unter die Gäste.
Konzept
Um Scham zu überwinden, braucht der Mensch ein Vertrauensverhältnis zu seinem Gegenüber. Aber Nähe kann auch Konflikte generieren. In intimen Situationen ist Raum für Gefühle. Eine persönliche, berührende Annäherung kann peinliche Gefühle evozieren; sie bewirkt aber auch direkten Austausch von zwischenmenschlicher Energien.
Der Platzwechsel in der Kirche kommt einem Perspektivenwechsel gleich. Wir verlassen den kastenförmigen, unpersönlichen Kirchenraum und begeben uns gemeinsam auf die Empore der „Insider“, des Chors und der Michaelsbrüder.
In diesem Gottesdienst versuchen wir Nähe und Vertrauen herzustellen, um uns unserer eigenen Scham zu öffnen.
Tiere können unbekleidet sein, weil sie ein Fell haben, das sie vor den Augen der anderen schützt. Sie sind nicht nackt. Der prähistorische Mensch bedeckte seine Nacktheit aus Scham. Auch Adam und Eva erkannten erst, dass sie nackt waren, als sie sich schuldig machten. Ein dickes Fell schützt uns vor Angriffen, eine dicke Haut lässt und unbeschadet Verletzungen ertragen. Äußerlich zumindest. Dennoch entfernt uns diese Schutzfunktion vom anderen. Sie steht zwischen uns und dem anderen. Wir schaffen sie uns an um nicht berührt zu werden.
Freunden, Partner, Menschen, die wir besser kennen, vertrauen wir uns an. Sie können auch den beschämten Menschen in seinem Kern berühren, „streicheln“, anstatt sie bloß zu stellen.
Nähe birgt aber auch Konfliktpotential. Können wir den Frieden durch das Austragen eines Konfliktes besser wiederherstellen? (Kissenschlacht)
November 2013, liturgy specific art, Universitätskirche Marburg,
Institut für Kirchenbau und kirchliche Kunst der Gegenwart
Equipment: Fellreste, Decken, Teppiche, Kissen, Felle, Wärmflaschen,
ein Ohrensessel, ein Fellkostüm, hautfarbener Ganzkörperanzug, Kerzen, rituelle Gewänder, Samovar, Tee...
Mitwirkende: Katharina Scholl (Liturgie und Predigt), Dr. René Thun (Gitarre), Orgel und Schola (Gerold Vorrath)
Dauer: 90 Min.
Fotos: Max Ploem
Film: Anja Marx, Markus Kügle
http://www.youtube.com/watch?v=hC-lOL97Ros